Heiraten an den traumhaftesten Orten der Welt mag wohl eines, wenngleich auch das schönste Ereignis im Leben sein. Doch eine Verlobung im Ausland klingt mindestens genauso bedeutungsvoll und einmalig wie Hochzeitsglocken unter der Urlaubssonne. Dass ich einst auch zu den Glücklichen gehören sollte, war mir vor etlichen Jahren natürlich noch nicht klar. Aber ein entscheidendes Zeichen deutete wohlmöglich viele Reisejahre zuvor daraufhin…
Vor genau 10 Jahren, als ich das erste Mal ohne erwachsene Begleitung auf Reisen ging, begegnete ich einem hübschen Brautpaar, welches bei prächtigstem Wetter in den paradiesischen Gärten der “Alhambra” im andalusischen Granada für seine Hochzeitsfotos posierte - und ab da begann alles. Egal, wo ich hinreiste, ich sah überall nur Frischvermählte! Eine schmucke Braut kreuzte mit ihrem Bräutigam meinen Weg im Freilichtmuseum in Oslo. Eine riesige Hochzeitsgesellschaft posierte freudestrahlend vor dem Reiterdenkmal König Stephans I. auf der "Fischerbastei" in Budapest. Eine junge Heiratsanwäterin versteckte sich vor lauter Touris zum Fotomachen im Grün vor dem türkisenen Balaton. Laut umjubelnd befand sich ein gerade getrautes Paar auf den Rathaustreppen im französischen Menton. Gleich drei verliebte Hochzeitspärchen begegneten mir während ihres Fotoshootings vor der traumhaften Ostseekulisse auf der Insel Rügen. Die Liste lässt sich noch beliebig fortsetzen. Dass auch bei mir eines Tages mal die Hochzeitsglocken klingeln würden, war zwar in Anbetracht meines Partners nicht ganz abwegig, dennoch zunächst in weiter Ferne. Wir hatten es nicht eilig mit dem Heiraten, auch wenn Familie und Freunde etwas anderes behaupteten.
Zugegebenermaßen sprachen wir bereits ein Jahr zuvor über weitere Zukunftspläne. Dabei gab es dennoch keine Eile. Aber mein Partner hingegen bemerkte schon damals jeden meiner augenzwinkernden Hinweise und behielt meine Wünsche bis dato im Hinterkopf.
Tja, und wo findet man denn nun DEN perfekten Ort? Auf keinen Fall in aller Öffentlichkeit vor lauter glotzenden Touris, welche bei der “Frage aller Fragen” wild klatschend umherstehen und man selbst noch zum Fotomotiv ihrer privaten Urlaubsandenken wird! Und auf keinen Fall mit einem engagierten Foto- bzw. Videografen, der plötzlich aus dem Gebüsch springt und den ganzen inszenierten Zauber fürs professionelle Social Media festhält. Nein Danke!
Und dann muss ja noch ein Ring her! Aber wie schafft man es überhaupt den edlen Klunker heimlich und hochsicher ins Ausland zu verfrachten, wenn die Herzensdame jede Tasche und jeden Koffer höchstpersönlich gepackt hat und jeden Winkel des Autos beim Auspacken nachkontrolliert? Ihr braucht einen kreativen Denkanstoß? Kein Problem! Wie wäre es zum Beispiel unter dem Ersatzrad? Vorausgesetzt man hat natürlich keine Panne…
Als ich die Odyssee des “Top-Secret-Transports” meines Verlobungsringes im Nachhinein erfuhr, lachte ich mich schlapp.
Nach zwei Jahren Corona-Beziehung verschlug es uns für drei Wochen in den wohlverdienten Sommerurlaub an die bezaubernde Côte d’Azur! Babyblauer Himmel, von Palmen gesäumte Promenaden, azurblaues Meer und mediterraner Sonnenschein begleiteten uns hier auf der Rundreise entlang der südfranzösischen Riviera. Doch während unseres Urlaubs stand ein besonderer Tag bevor - mein Geburtstag! Da ich bereits mehrere Male meinen Ehrentag im Ausland verbracht habe, sollte natürlich an diesem Tag auch ein ganz spezieller Ort in Frage kommen. Ich wollte nach Monaco!
Hier in dem elitären Fürstenstaat, in welchem es nur vor Schönen und Reichen inklusive ihrem glitzernden Sammelsurium aus Luxusschlitten, exklusiven Yachten und überteuerten Champagner nur so wimmelt, wollte ich einen Tag lang auch einmal Schickimicki-Luft schnuppern. Gesagt, getan!
Während es für mich ein perfektes Erlebnis aus Casino-Flair, Formel-1-Feeling, Begegnungen mit Grace Kelly & Co. wurde, stets begleitet von der traumhaften Kulisse des tiefblauen Mittelmeeres, schlug meinem zukünftigen Göttergatten das Herz mit jedem Schritt durch den Ministaat höher. Ich, nichts ahnend, genoss das Sightseeing-Programm in vollen Zügen. Doch meinem Freund blieb die pure Entspannung verwehrt, suchte er doch nach dem perfekten Spot zum Heiratsantrag! Soll ich es hier am Fürstenpalast wagen, vor allen Leuten? Oder lieber hier im St. Martin Garten, wo wir doch kurze Zeit vor den nächsten Touris ungestört waren? Hätte ich mich doch schon vorhin hoch oben in Monaco-Ville bei bester Aussicht trauen sollen? Aber nein, Chance verpasst! Wir gingen weiter.
Sich die Panik nicht anmerken lassend, schrieb er das große Vorhaben so langsam ab, je später der Nachmittag wurde. Als zum Abschluss am “Port Hércule” von Monaco noch ein sommerliches Café mit köstlichen Crêpes und Eis auf uns wartete, war mein Wunsch vom perfekten Geburtstag erfüllt. Nicht aber für meinen zukünftigen Verlobten, der doch noch einen Anlauf versuchen wollte, und mir auf seinem Smartphone die Google-Maps Ansicht des Hafengeländes entgegenstreckte. Wie schön, dass man sich auf die Ideenquelle des Standortsdienstes verlassen konnte, denn er schüttelte für seinen Schatz noch ein Ass aus dem Ärmel. “Hier auf dem Pier soll man wohl einen der schönsten Blicke über den Hafen und Monte Carlo haben. Wollen wir da nochmal hin?” Solche Vorschläge konnte ich ihm selten ausschlagen, da sie sich in der Vergangenheit meist als wahre Traummomente erwiesen hatten. Also schlenderten wir am frühen Abend an den Yachten in Richtung Pier vorbei und plötzlich, keine Tourimassen, keine Ausflugsgruppen und Fotoposer verhinderten die Sicht auf unser Beziehungsglück! “Oh je, jetzt wird es ernst! Hilfe!”, dachte sich mein Freund höchstwahrscheinlich in diesem Augenblick mit weichen Knien und Herzschlag bis zum Hals!
Ich nahm auf der Bank am Ende des Piers Platz, blickte seelenruhig über die Berge mit ihren Wolkenkratzern und den im Abendlicht glitzernden Yachten und nahm stirnrunzelnd die seltsam sentimalen Phrasen von meinem leicht nervösen Seelenpartner wahr. “Bist du glücklich?” “Ach jaa (seufz) vor zwei Jahren hat alles begonnen mein Schatz…” Ähm ja, stimmt. Und? Ich wusste nicht so recht, wie mir geschah und wollten wir nicht eigentlich nur den Ausblick genießen?
Plötzlich bemerkte ich, dass meine bessere Hälfte schon die ganze Zeit seinen Arm hinterm Rücken versteckte und eh ich mich versah, zückte er vor mir eine dunkelblaue Schatulle kniete sich vor mich hin und fragte mich mit zitternden Lippen:
“Und deswegen wollte ich dich fragen, ob du meine Frau werden willst?!”
Mit staunendem Blick auf den wunderschönen silbernen Verlobungsring, begann ich schlussendlich zu begreifen und heulte mit einem schluchzenden “Ja!” drauf los! Ungeachtet dessen, dass sich ausgerechnet in diesem Moment ein älteres Ehepaar erstaunt neben uns mit Fragezeichen im Gesicht näherte, sich dann aber lautlos und dezent im Hintergrund verkroch, fiel ich meinem jetzigen Verlobten, mindestens genauso erleichtert wie er, um den Hals!
Wow! Völlig fassungslos, was gerade passierte, steckte er mir den Traumring an den Finger und wir hielten diesen einzigartigen Moment für unsere gespannte Bagage Zuhause fest. Die letzten Tränchen wegwischend, genossen wir nun überglücklich die Traumkulisse von Monaco bei Sonnenuntergang und stempelten diesen Moment überglücklich und honigkuchenpferdgrinsend als das beste Reisehighlight und meinen wohl allerschönsten Geburtstag für unsere Erinnerung ab!
Und am Ende war alles ganz intim und privat. Ohne Touris, ohne Fotografen. Nur wir zwei und die Skyline von Monaco ♥